Wer bin ich?
Wer bin ich?
Interessanter Weise habe wir sehr viel genauere Vorstellungen davon, wer wir sein möchten, irgendwann, am besten Morgen, und wer die Anderen sind, wieviel besser sie sind, als darüber, wer wir wirklich sind.Das hat in der Regel damit zu tun, dass wir zu wenig Anerkennung dafür haben, wer wir sind. Für unser Gewordensein und für unsere sogenannten Schattenseiten, für unsere Marotten und destruktiven Muster.Je länger ich mich mit der konkreten Frage, „wer bin ich“, befasst habe, desto mehr hatte ich das Gefühl, das mir das Thema entgleitet und sich auffächert, unscharf wird.Bis mir dann wieder klar wurde, dass wenn ich eine eindeutige tiefe Antwort auf die Frage habe, die sich durch nichts erschüttern lässt, sich die Frage erübrigt. Doch so lange ich noch Antworten suche, gibt es offensichtlich Dinge, Situationen, Begegnungen, die der Antwort auf diese Frage im Weg stehen.
Also fing ich an, mich mehr den Hindernissen bei der Beantwortung dieser Frage zuzuwenden.Und bevor das zum ab arbeiten einer imaginären Mängelliste wird, möchte ich voranstellen, dass ich davon ausgehe, dass jede unserer Macken, unserer gewählten Strategien mit denen wir unser Leben gestalten, unser So-sein, einen wirklich guten Grund besitzt. Und mit gutem Grund meine ich, wirklich einen zugrunde liegenden guten, immens wichtigen, überlebenssichernden Grund. Ich bin aus tiefsten Herzen überzeugt, dass all dies, was ich heute vielleicht als hinderlich empfinde, irgendwann für mein Überleben gesorgt hat und somit Anerkennung verdient.
Es wird uns nicht gerecht, unsere Symptome, unsere Macken zu verurteilen, weil kein einziges Symptom, das wir je in unserem Leben entwickeln, ohne guten Grund entsteht. Wenn wir Ecken und Kanten entwickeln, dann sind sie zu allermeist ursprünglich Lösungsstrategien für tiefer liegende Probleme und innere Konflikte, deshalb finde ich das Wort Kompensationsstrategien treffender.Deswegen macht es Sinn, sie zu betrachten und zu erforschen, wo ihre Ursprünge wohnen und welchem Zweck sie dienen. Kompensation dient in erster Linie der Stabilisation und erfüllt damit eine wichtige Aufgabe, die es zu wertschätzen gilt und deswegen auch nicht einfach beseitigt werden sollte.
Kompensationsstrategien sind in der Regel dafür da, innere Zustände nicht zu spüren, Zustände, die für mich schwer auszuhalten sind. Sie sind dazu da, Emotionen, den Körper, meine automatischen Gedanken nicht zu spüren, um sich selbst auszuhalten zu können. Und um mit dem, was in uns schmerzt irgendwie leben zu können.Sie sind also etwas ganz Normales und Wichtiges und etwas, das uns funktionieren lässt und in schwierigen Lebenssituationen aufrecht hält.Denn nur wenn wir unsere Energie halten können, die aus Verletzungen entstanden ist, können wir uns trotz dieser inneren Spannungszustände und Schmerzen weiterentwickeln und entdecken, wer wir in unserem Kern wirklich sind.
Das ist natürlich ein Prozess, der Zeit und all unsere behutsame und wohlwollende Neugier braucht, der einen Raum braucht, in dem ich mich so sicher fühle, dass ich dem begegnen kann, was unerlöst ist. Ich stelle mir diesen Prozess vor, wie eine Reise zu mir selbst, die mich teilweise durch unbekanntes, eventuell auch gefährliches Terrain führt und manchmal auch all meinen Mut braucht, manchmal eine gute Reisebegleitung, um hinzuschauen, um zu entdecken, was gesehen werden möchte.
Es ist eine Illusion und eine totale Überforderung diese Hindernisse allein durch Erkenntnis, oder durch das lesen eines guten Buches zu beseitigen zu wollen. Es geht vielmehr darum, diese Hindernisse zu mir zu nehmen und liebevoll mein Geworden sein anzuerkennen. Ich glaube fest daran, dass es eine absolut lohnende Reise ist, dass es sich lohnt, ein paar Inspirationen zu sammeln, die evtl. unseren Blick auf uns selbst verändern und uns unterstützen auf dem Weg zu uns selbst. Das es sich lohnt, evtl. zu erkennen, was mich klein hält, was mich verbiegt und auch was es mir erlaubt, zu meiner authentischen Größe zu finden.
Du selbst bist Experte für Deine eigene Innenwelt. Niemand kennt sich da so gut aus, wie Du. Es ist wunderbar zu erfahren, wer Du wirklich bist.
Liebe Chris,
Danke für die tröstenden Worte! Heute bin ich den ersten Tag seid langer langer Zeit alleine. Ich machte gerade ein Achtsamkeitstraining aus einer Cogito App als dein Blog herein kam. Da sollte ich mir Ziele und Werte überlegen. Es sind so viele, die so weit von einer realen Umsetzung entfernt sind.
Bescheidenheit, Dankbarkeit, Demut, Fairness, Frieden, Glaubwürdigkeit, Hoffnung, Mut, Respekt, Solidarität, Verantwortung etc. um nur einige zu nennen.
Und da kommt dein mildernder Blog herein und tröstet so sehr!
DANKE!!
Liebe Katrin, deine Antwort berührt mich sehr. Ja manchmal reicht es völlig aus, so gut es geht bei sich zu sein und sich eventuell auch zu erlauben zu fühlen, dass ausgerechnet das heute schwierig ist. Auch das wahrzunehmen kann eine wertvolle Verbindung zu Dir sein. Ich wünsche Dir weiterhin gutes Üben. Herzensgrüsse Chris
wie war das nochmal?!…
bzw. neulich in einem Behandlungszimmer gelesen:
„Stell dir vor, du wirst geliebt, bist erwünscht, bist gewollt, bist wichtig, hast deinen ureigenen Platz in der Welt inne, wirst gesehen mit all deinen Bedürfnissen, bist wertvoll, du bist in Ordnung – nichts fehlt.“